Großformat Simulation 1

Efeuer - 25 Bilder a 12 Megapixel (2008 Canon 5D) Efeuer - 25 Bilder a 12 Megapixel (2008 Canon 5D)

Als Kind war ich mit meinen Eltern auf der Bastei. Das war Anfang der 70-er Jahre. Vor dem Aussichtspunkt gabe es diese Postkartenverkäufer, die auch jede Menge historischer Bilder, u.a. von Herrmann Krone und Walther Hahn anboten. Diese Bilder übertrafen damals schon die aktuellen Karten. Das hat sich bis heute nicht geändert. Es gibt wunderschöne hochaufgelöste Bilder - aber die Ästhetik der Hahn-Karten wird nicht erreicht. Woran liegt das? Als ich 2007 meine erste Vollformatkamera (Kleinbild 2,4 x 3,6 cm Negativ) kaufte, habe ich natürlich auch versucht, schöne Bilder der Sächsischen Schweiz zu machen. Superscharf und hochaufgelöst aber genau wie die Bilder der anderen - eben nichts Besonderes.In mir warten viele Dinge auf eine Lösung oder Antwort und manchmal kommen die Ideen oder Eingebungen unvermittelt - z.Bsp. auf dem Klo.

Das Geheimnis der Walther Hahn-Ästhetik:

Handwerk gut, Liebe zu den Felsen, Geduld beim Warten auf die Hahn-Wolken … und … er verwendete eine Plattenkamera.
 

Stichwort Plattenkamera:

So eine Platte (also das Negativ) war unter Umständen 18 x 24 cm groß. 13 x 18 cm war möglicherweise gängig, da auch transportabel genug. Um einen Blickwinkel von ca. 40 bis 60 Grad einfangen zu können, musste das Objektiv eine Brennweite von ca. 250 mm haben. Bei einer Vollformatkamera (also Kleinbild) reichen dafür 50 mm Brennweite. Bei einer MicroFT Kamera (OM-D) genügen 25 mm. Nun ist aber der Bildeindruck unabhängig vom Bildausschnitt gleich. Das heißt: Mit Kleinbild erfasse ich mit einer Aufnahme bei 200 mm Brennweite nur ca. 12° Bildwinkel mit der typischen Teleästhetik - also die Tiefenstaffelung ist geringer, die Objekte sind dichter beieinander und die Verzerrung ist sehr gering.
Um die Plattenkamerästhetik zu erhalten, musste ich also so viele Bilder über- und nebeneinander machen (mit Teleobjektiv), bis die Größe einer klassischen Fotoplatte erreicht ist. Also durch die Überlappungen waren das dann 7 Bilder horizontal und 6 Bilder vertikal = 42 Bilder, um ein 13 x 18 cm Negativ zu simulieren. Bei 12 Megapixeln pro Aufnahme war das fertige Bild dann ca. 500 Megapixel groß.
Logistisch und handwerklich kommen da natürlich allerhand Probleme auf den Fotografen zu.
Mehr als 2 solcher Panorama-Bilder macht man auf einer Fototour nicht. Man benötigt ein geeignetes Programm zum Zusammennähen der Bilder (Ich nehme PTGui) und ein einziges fehlerhaftes Bild macht das gesamte Panorama wertlos.

Man muss es aber nicht übertreiben. Schon Panoramen aus 20 Bildern entfalten die richtige Wirkung. Die extreme Auflösung hat noch mindestens 3 andere positive Effekte:

  1. Man kann die verwendeten Einzel-Bilder herunterrechnen (also es reichen 4 Megapixel pro Bild um mit 42 Bildern ein A-0 Plakat in 300 dpi zu drucken). Das Herunterrechnen verringert auch alle Bildfehler wie Rauschen, Colorfringing, etc.
  2. Die Bilder entfalten einen Effekt, den ich als “Sog” bezeichnen würde. Ein normales A-0 Bild (A-0 ist ein Bild, welches genau 1 m² groß ist: 841?×?1189 mm) betrachtet man in der Regel im Abstand von mindestens 50 cm, um das Gesamtbild zu erfassen. Die geringe Auflösung lässt einen stoppen. Bei der Riesenauflösung geht man immer näher ran, da man immer mehr Details entdeckt. Als ich mein erstes Panorama ausgedruckt vor mir sah war ich wegen der Wirkung schwer beeindruckt.
  3. In einem geeigneten Programm kann man die Einzelbilder nach verschiedenen Prinzipien vernähen (stitchen). Perspektivkorrekturen sind zum Beispiel möglich, die sonst nur mit sog. Fachkameras möglich sind (Scheimpflugsche Regel). Also ist das Prinzip auch für Architekturfotografie hervorragend geeignet.

Wie man es macht? Schreib ich später mal genauer.